Rückenwind

  • von Meike Jobke
  • 30 Apr., 2018

Warum wir nicht immer auf Aristoteles hören müssen

Das Beklagen der Garstigkeiten unseres Lebens scheint wenigenstens 2.400 Jahre alt zu sein: denn schon 350 Jahre vor Christi Geburt gab Aristoteles den vielzitierten Rat "Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen". Vermutlich wird schon viel länger gejammert, denn ohne ordentlich genervt zu sein von dem dauernden Lamentieren, hätte der antike Philosoph wohl kaum einen solchen Hinweis gegeben.

Wann also genau das Jammern erfunden wurde, ist nicht ganz klar, aber spätestens mit Aristoteles war es vorbei mit dem genüßlichen, elegischen Beklagen, denn Aristoteles weist darauf hin, dass nicht der Wind das Problem ist, sondern die Segel. Wer also nicht vorankommt und niemals sein Ziel erreicht, der hat schlichtweg das falsche Manöver.  Unbestritten ist das Kreuzen die schwierigste der Segeltechniken (dies verschweigt Aristoteles wohlwissend), aber mit Ehrgeiz, Ausdauer und Know-How geht es doch irgendwie voran. Und wer nicht die Orientierung beim ewigen Zick-Zack-Kurs verliert, wird verdient Erfolg haben.

Was aber, wenn wir uns trauen aus diesem Spiel von Leistung und Versagen, von Status und Schuld auszusteigen und das Ziel zu überdenken? Kann es nicht sein, dass der Gegenwind nicht Beleg für die Feindlichkeit des Schicksals, sondern für das Wohlwollen unseres Lebens mit uns ist? Es fragt sich, warum wir immer kämpfen, warum wir ein Ziel nur dann akzeptieren, wenn es erzwungen ist und einen Status nur dann würdigen, wenn er Kraft gekostet hat.

Wenn der Wind von vorne bläst, sei mutig und dreh dich einmal um, halte Ausschau nach einem anderen Ziel und genieß den Rückenwind, der dich tragen wird!

Ich wünsche Dir alles Gute für Deine Reise und das Gefühl, dass nichts gegen Dich ist, sondern Dein Leben für Dich!


von Meike Jobke 26. Juni 2018
Im Wahlkampf werden Politiker gerne nach dem aktuellen Preis eines Pfunds Butter gefragt und die Boulevardpresse titelt hämischen Spott, wenn der Preis nicht exakt getroffen wird. Aus Erfahrung kennen wir den Preis und weil wir diese Erfahrung Tag für Tag machen, meinen wir nicht nur den Preis, sondern auch den Wert zu kennen. Den Wert der Butter, eines Liters Benzin; wir kennen den Wert einer Kinokarte, eines Urlaubs und den Wert eines Autos. Und weil wir tagtäglich nicht nur Erfahrungen im Supermarkt und an der Kasse sammeln, sondern auch mit Menschen, meinen wir, dass wir auch den Wert eines Menschen kennen: wir kennen Self-made-Millionäre und Nichtsnutze, Gewinner und Verlierer. Und schauen wir in die Vergangenheit oder in andere Gegenden, dann gibt es Menschen, die sogar wissen wollen, dass es Menschen gibt, die wenig oder nichts wert sind.

Wie kommt man auf die Idee, dass ein Mensch nichts wert ist oder dass es überhaupt eine Maßeinheit für den Wert eines Menschen geben kann? Fragt man eine Mutter, die ihr Neugeborenes zum ersten Mal im Arm hält, nach dem Wert dieses kleinen Geschöpfs, so wird sie sagen, dass dieses Kind wertvoller als alles andere in der Welt ist. Und vermutlich wird sie lachend den Kopf über diese absurde Frage schütteln.

Verliert ein Mensch im Laufe seines Lebens an Wert? Auch diese Frage ist absurd, und dennoch leben wir danach, weil wir Wert mit Leistung verwechseln. Der andauernde Vergleich soll einen Wert ermitteln. Nun ist das eine Krux mit dem Vergleichen: wer vergleicht,  hat entweder den Wunsch sich schlecht zu fühlen oder er möchte sich besser fühlen, weil er auf den anderen herabblickt und sich seines Gewinnens sicher ist. Kant löst diesen Knoten mit einer ganz einfachen Feststellung auf. Der Wert eines Menschen ist seine Würde. Wer vergleicht, stellt die Würde des anderen in Frage. Wer einen anderen als weniger wertvoll erachtet, nimmt ihm seine Würde. Diese Würde haben wir von unserem ersten Augenblick an bis zum letzten, wir sind wertvoll vom Anfang bis zum Ende. Dies zu verinnerlichen und auch in den Momenten des Scheiterns, der Schwäche und Hilflosigkeit zu sehen, ist eine der großen Aufgaben.
von Meike Jobke 21. Mai 2018
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Der erste Schritt ist die Hälfte des Wegs. Oder: warum sabotieren wir uns selbst?